Chronik Faustball

 

 

110 Jahre Faustball in Pfungstadt

Tradition und Erfolg

Von Horst Laut

Erste Anfänge unseres Faustballspiels und Faustballsports waren in Pfungstadt im Jahre 1900 zu vermelden. Man turnte und spielte zum Ausgleich Faustball. Obwohl der erste urkundlich erwähnte pfungstädter Sportler, der Student Lichtenberg, eine Vorstellung davon hatte, welchen Aufschwung der Sport schlechthin in Zukunft haben würde. Hat er sich nicht vorstellen können, dass auch in seiner Heimatstadt diese Bewegung heimisch werden und im Laufe der Jahrzehnte eine immer größere Bedeutung erlangen würde. Wohl ebenso wenig wie jene Männer, die im Jahre 1900 einen Ball mit der Faust und dem Arm über eine Leine schlugen, ahnen konnten, welchen Aufschwung ihre spielerische Betätigung in Pfungstadt erleben würde.

Peter Ley und Wilhelm Martin waren es, die das neue Spiel, Faustball, für das erst kurz zuvor feste Spielregeln fixiert wurden; in die Modaugemeinde brachten und es mit Gleichgesinnten ausübten. Ein Spiel zur damaligen Zeit kann man wohl schlecht mit einem heutigen vergleichen. Galt es doch, den Ball ganz sicher in das gegnerische Feld zu bringen; das heutige Ziel, den Ball so raffiniert über die Leine zu schlagen, dass die gegnerischen Spieler überhaupt nicht an den Ball kommen, kannte man damals noch nicht.

Die Trainingsstunden fanden auf dem Platz des TSV-Pfungstadt, der südlich der Eberstädter Straße und östlich des Büchnerwegs lag, statt. Eine Faustballabteilung wie heute gab es damals auch noch nicht. Man turnte, spielte Handball, Fußball, Faustball und traf sich wohl gelegentlich mit Nachbarvereinen.

Zwischen den Weltkriegen

Anfangs gab es sporadisch Vergleiche mit den Nachbarmannschaften auf regionaler Ebene, wo man auch gegen den ersten Deutschen Meister von 1913, TV-Licht-Luft-Bad-Frankfurt spielte. Nach dem ersten Weltkrieg traf man sich auf einer anderen Sportanlage wieder und setzte das Faustballspiel fort. Weitere Vergleiche mit dem ehemaligen Lehrmeister Licht-Luft-Bad-Frankfurt folgten und spornten die damaligen Aktiven an. Sowie auch bei einer Platzeinweihung 1922 in Arheiligen. Den früheren Sportplatz konnte man nicht mehr nutzen, so zog man mit Stangen, Leine und Ball beladen auf den in Pfungstadt bestens bekannten „Eselskopf“, um dort zu trainieren. Die Gegner nach dem Kriege waren vor allem die TG Bessungen, TV Lindenfels, TV Langen und der TV Nauheim.

Ludwig Darmstädter, Ludwig Preißmann, Karl Böttiger, Peter Hechler, Wilhelm Fey, Fritz Frick und Georg Draudt gehörten der Mannschaft an, die damals in Arheiligen spielte. Hier muss besonders Ludwig Darmstädter genannt werden. Hatte er schon damals den Gedanken, durch härteres Training, durch Abgucken und Nachahmung von Taktik und Spielweise der Frankfurter, durch Einführung eigener Trainingsmethoden die Konkurrenz in der nächsten Umgebung zu überflügeln und vielleicht sogar den Lehrmeister vom Main zu bezwingen? Nun, wenn das damals auch vorerst nur Zukunftsmusik war, so hatte Ludwig Darmstädter, der bis zu seinem Tode sich voll für die Faustballsache einsetzte, doch später die Genugtuung, diese Wünsche in Erfüllung gehen zu sehen. 1930 wurde ein neues Faustballfeld hergerichtet, es wurde härter trainiert und so kamen auch die ersten Erfolge zustande. Über gute Platzierungen bei Turnfesten gelang es in der Folgezeit, den Leistungsunterschied zu Frankfurt zu verkleinern und 1939 konnten die Pfungstädter erstmals gewinnen. Auch bei der FTG Pfungstadt wurde zur damaligen Zeit Faustball gespielt.

Dann ein Wiederanfang nach dem zweiten Weltkrieg.

folgte 1947 bei der Teilnahme an den Deutschen Meisterschaften ein erneuter Erfolg mit einer Steigerung zum 3. Platz. Damit waren die Wege für die Faustballer des TSV Pfungstadt aufgetan, in den nächsten vier Jahrzenten zur erfolgreichsten deutschen Mannschaft der Nachkriegszeit Nach dem zusammenfinden der Faustballspieler im neugegründeten TSV Pfungstadt, zu werden. Immer stießen neue Spieler zum TSV- Pfungstadt und ergänzten die Mannschaft oder ersetzten die Älteren. Mit der Jugendarbeit wurde begonnen und so baute sich nach und nach eine große Abteilung auf.

Die intensive Arbeit und die Lust am Spiel führten die einzelnen Mannschaften zu vielen Meisterschaften und zu hervor-ragenden Platzierungen. Hervorzuheben ist die erste Herrenmannschaft, die bis 1987 an allen Deutschen Meisterschaften teilnahm und damit zu neun Titeln auf dem Feld und zu sechs Titeln in der Halle kam.

Mit der Erringung von sieben Europa-Cup- und zwei Welt-Cup-Titeln (gegen südamerikanischer Konkurrenz) avancierte der TSV zur erfolgreichsten Vereinsmannschaft der Welt. Im Guinnessbuch der Rekorde sind diese Leistungen des TSV Pfungstadt ebenfalls dokumentiert. Neben diesen großartigen Erfolgen konnten weitere Mannschaften des TSV Pfungstadt unzählige Meisterschaften auf Bezirks-, Landes- und Regionalebene erzielen.

 

 

Wodurch wurde die Kontinuität in der Leistungshöhe gewahrt? Was sind die Gründe? Nun, was vielen anderen Vereinen nicht gelang, meisterten die Pfungstädter und hatten dabei das Glück, dass sich immer wieder Spieler fanden, die in die Fußstapfen ihres Vorgängers treten konnten. So gehörten hierzu auch eine gute Abteilungsführung, sowie gute Trainingsmöglichkeiten mit qualifizierten Trainern. In dieser Leistungsstufe blieb es nicht aus, dass der TSV Pfungstadt auch Spieler für die deutsche Nationalmannschaft abstellen durfte. Dies waren Heini Becker, Helmuth Thomas, Heinz Meier, Dirk Beißmann, Hartmut Berger, Hansfried Heinrichs, Werner Gehringer, Dieter Thomas und Norbert Wittke. Diese Spieler bestritten nicht nur Länderspiele, sondern sie gewannen auch Europa- und Weltmeisterschaften für Deutschland.

Über Jahre war auch Hansfried Heinrichs Bundestrainer im Faustball.

Als Ausrichter von unterschiedlichen Meisterschaften und Turnieren tat man sich in Pfungstadt lobenswert hervor, so dass Pfungstadts Namen international weit bekannt ist.

Da der Faustballsport immer noch eine Turniersportart ist (aber mit weniger Anreize) bleibt es nicht aus, dass der TSV Pfungstadt Turniere im In – und Ausland besuchte. Diese Fahrten zu den Turnieren führten die Pfungstädter schon nach Österreich, in die Schweiz, Italien, Brasilien, Argentinien und Afrika, wobei man auch gegen Mannschaften aus Chile und Paraguay spielte. Auch viele Sportler aus diesen Ländern waren schon Gäste bei Turnieren des TSV Pfungstadt, womit Pfungstadts Faustballer auch einen Teil zur Völkerverständigung beigetragen haben.

 

Erfolgreich

Für den TSV Pfungstadt erspielten folgende Spieler Welt-, Europa- und Deutsche Meisterschaften: Helmuth Thomas, Heinz Meier, Heini Becker, Helmuth Heppert, Heini Geibel, Willi Busch, Fritz Köble, Georg Kramer, Horst Laut, Dieter Schmitt, Ludwig Huxhorn, Herbert Rothmann, Gerhard Becker, Fritz Büchler, Hansfried Heinrichs, Werner Gehringer, Dieter Thomas, Klaus Bormuth, Dirk Beißmann, Hartmuth Berger, Werner Kühles, Gerd Kremb, Heinz Knieß, Gerd Grünig, Kurt Stix, Heli Eller, Gunther Laflü, Gerald Schweizer, Albrecht Enders, Norbert Wittke, Peter Fries, Ronald Müller, Ralf Thomasberger, Peter Block, Frank Röger, Rainer Jäger, Michael Germann, Markus Bergmann, Hans Dilli, Rainer Damovski, Wolfgang Fischer und Andreas Stein.

An dieser Stelle soll auch an die weibliche Mannschaft gedacht werden, die 1952 in Oberhausen den Titel eines Deutschen Jugendmeisters errang. Die beste Platzierung bei der männlichen Jugend erspielte sich 1962 in Delmenhorst die Pfungstädter Mannschaft mit dem 3. Platz.

Im Detail

Dachte man in den 60er Jahren mit dem Erringen der Deutschen Meisterschaften großes geleistet zu haben, so brachten die 70er Jahre noch eine Steigerung der größten Erfolge in der Faustballgeschichte. Nach dem 3. Platz bei den Europa-Cup-Spielen in Pfungstadt 1969 konnte die Mannschaft in Bozen (Italien) zum Ersten Mal Europa-Cup-Sieger der Landesmeister werden. Dieser Titel konnte 1971 in Hirschfelde (DDR) nicht erfolgreich verteidigt werden. Die Mannschaft des TSV Pfungstadt belegte den 2. Platz hinter SV Siemens Nürnberg und vor ISG Hirschfelde. Hierbei soll auch den freundschaftlichen Banden zwischen den Mannschaften der DDR (Zeitz und Hirschfelde) und den Pfungstädter Spielern gedacht werden.        

Nach der Deutschen Meisterschaft 1975 konnte die Mannschaft des TSV Pfungstadt zum zweitemal Europa-Cup-Sieger 1976 in Olten (Schweiz) werden. Da 1975 in Europa um den Welt-Cup gespielt wurde, war diesmal Südamerika (Brasilien) dran. Der TSV trat diese Reise mit 15 Personen an. Nach einem Aufenthalt in Curitiba (Brasilien) spielte der TSV Pfungstadt am 10. April 1977 in Novo Hamburgo (Brasilien) gegen den Südamerikanischen Meister Soc. Gin. Novo Hamburgo vor 6000 Zuschauern. In kämpferische und technische Sicht hervorragend eingestellt konnte der TSV beide Spiele gewinnen. Wie groß das Interesse der dortigen Bevölkerung war, zeigt, dass beide Spiele im Fernsehen und im Rundfunk über den südlichen Teil des Kontinents übertragen wurden. Diesen Erfolg haben die Spieler Heinrichs, Gehringer, Kühles, Bormuth, Berger, Thomas, Grünig und Laut errungen.

Durch eine gute Platzierung bei der Deutschen Meisterschaft 1977 konnte der TSV 1978 in der neuen Europa-Liga spielen, wobei eine hervorragender 2. Platz erreicht wurde. Diese Platzierung berechtigte zur Teilnehme am Europa-Cup in Hamm (BRD). Die verjüngte Mannschaft des TSV Pfungstadt steigerte sich von Spiel zu Spiel und konnte im Endspiel gegen Westfalia Hamm klar gewinnen. Diese Platzierung berechtigte wiederum, um den Welt-Pokal der Vereinsmannschaften zu spielen. Dieser wurde im September 1979 in Pfungstadt ausgetragen. Nach dem das Spieljahr 1979 durch Verletzungen bedingt zuerst nicht erfolgreich verlief (10. Patz bei der Deutschen Meisterschaft, 8. Platz Europa-Liga), konnte die Mannschaft sich durch zusätzlichen Trainingseifer so steigern, dass sie die zwei Spiele um den Welt-Pokal gegen Soc. Gin. Novo Hamburgo (Südamerika-Meister) in hervorragender Manier gewann. Vor 2 000 Zuschauern in Pfungstadt konnte die Mannschaft von Trainer Horst Laut in der Besetzung Thomas, Kühles, Knieß, Bormuth, Stix, Grünig und Laflü zum zweitemal Welt-Cup-Sieger werden.

Der einmalige Höhepunkt war in der Faustballgeschichte bis dato im Jahr 1980 der Gewinn der Meisterschaft auf dem Feld und in der Halle. Mit der gleichen Mannschaft konnte unter Leitung von H. Laut bis dahin das Einmalige in der bisherigen Faustballgeschichte geschafft werden.

Durch die schlechte Platzierung bei der Deutschen Meisterschaft 1979 konnte die Mannschaft des TSV nicht am Europa-Cup 1980 teilnehmen. 1981 erkämpfte sich die TSV-Mannschaft bei der Deutschen Meisterschaft den 4. Platz und konnte bei den Europa-Cup-Spielen in Offenburg einen guten 2. Platz belegen.

Aufgrund der Verstärkung durch Nationalspieler Norbert Wittke vom MTV Stuttgart konnte die Mannschaft unter Trainer Karl Renz immer besser eingestellt werden, sodass weitere Erfolge  für den TSV Nicht ausblieben. So konnte 1982 nach der Deutschen Meisterschaft in Bamberg der Europa-Cup in Linz gewonnen werden. Diesen großartigen Erfolg konnte der TSV gegen DJK Windischeschenbach erringen.

Nach erfolgreich abgelaufener Bundesligarunde erreichten die Spieler um Trainer Karl Renz einen 3. Platz bei der Deutschen Meisterschaft. Diese Platzierung berechtigte, in der Europa-Liga mitzuspielen. Über diese Liga qualifizierte sich der TSV für die Europa-Cup-Spiele in Olten. Bei diesen Spielen erreichte die Mannschaft des TSV Pfungstadt allerdings nur einen 6. Platz.

In diesem Jahr wechselte nach der Deutschen Meisterschaft Norbert Wittke wieder zurück nach Stuttgart und nach den Spielen in Olten Peter Fries, Albrecht Enders und Kurt Stix zum TV Dieburg. So musste für die nächste Spielrunde eine neue Mannschaft aufgebaut werden. Durch Reaktivierung älterer Spieler und Zugang von Frank Röger, Peter Block und Rainer Damovski konnte der TSV Pfungstadt 1984 Deutscher Hallenmeister in Darmstadt werden. Nach der Süddeutschen Meisterschaft im Feld errang man den deutschen Vizemeister Titel hinter SV Ahlhorn.

Durch diese Platzierung war man berechtigt, in der Europa-Liga zu spielen. Hier wurde der erste Platz errungen und die TSV Spieler konnten beim Europa-Cup in Königsbrunn teilnehmen. Bei diesen Spielen konnte der TSV sehr überzeugen und gewann den Europa-Cup in hervorragender Manier vor TUS 04 Leverkusen.

Das Jahr 1984 war für die zweite Mannschaft des TSV ebenso erfolgreich; so konnte nach der Erringung des Aufstiegs in die Regionalliga 1983 auf dem Feld auch in der Halle dieses Ziel erreicht werden.

In dem Jahr, in dem man jetzt 85 Jahre Faustball in Pfungstadt spielte, konnte die erste Mannschaft des TSV Süddeutscher Hallenmeister werden und gewann in Wöhren den 4. Deutschen Hallenmeister-Titel in der Vereinsgeschichte.

Somit hatte sich der TSV für den ersten Europa-Cup in der Halle qualifiziert. Vor 6000 Zuschauer konnte der TSV in Stuttgart überzeugen und gewann den ersten Hallen-Europa-Cup. Dies war der sechste Erfolg im Europa-Cup nach 1970, 1976, 1978, 1982 und 1984.

In diesem Jubiläumsjahr 1985 holte das TSV – Team vor heimischem Publikum auch die Deutsche Meisterschaft auf dem Feld. Somit war der TSV zum Zweitemal in der Vereinsgeschichte Doppelmeister auf dem Feld und in der Halle.

Neben der Erringung sportlicher Erfolge in der Vereinsgeschichte tat sich der TSV Pfungstadt auch  in der Ausrichtung großer Veranstaltungen hervor. So wurden Landesmeisterschaften, Deutsche Meisterschaften, Europa-Cup-Spiele, Welt-Cup-Spiele, Länderspiele und internationale Turniere ausgerichtet.

Bis 1985 liegen noch Presseberichte im Archiv vor.

Vereinserfolge zusammen gefast:

Deutscher Meister Feld M1: 1951, 1952, 1962, 1968, 1969, 1975, 1980, 1982, 1985
Deutscher Meister Halle M1: 1973, 1979, 1980, 1983, 1984, 1985, 1986
Europapokalsieger: 1970, 1976, 1978, 1982, 1984, 1985, 1986
Weltpokalsieger: 1977, 1979

Eine Story aus der Faustballgeschichte!

Das schönste Souvenir – der Weltpokal

Von Brasilienreise, sportlichem Kampf und Siegesfeier der Gelbhemden

(Kü) Im Rahmen der Feierlichkeiten „50 Jahre Stadtrechte von Novo Hamburgo“ veranstaltete der dortige Verband zwei Spiele um den Welt-Pokal. Der TSV Pfungstadt, amtierender Europapokal – Sieger und der SG Novo Hamburgo, amtierender Südamerikanischer Meister, hatten sich für diesen höchsten Pokal auf Vereinsebene qualifiziert.

 Flug nach Rio. Am 1. April 1977 traten 15 Pfungstädter die Reise an. Um 21.20 Uhr startete die Maschine von Rhein-Main über Madrid zum Subkontinent. Planmäßig landeten die Pfungstädter nach einem sehr ruhigen Flug um 7.10 Uhr in Rio de Janeiro. Nach einem kurzen Aufenthalt flog die Truppe über Sao Paulo nach Curitiba.

 Die Gelbhemden hatten hier zum ersten Mal Gelegenheit sich auf Brasilianischen Boden bei einem Turnier für die bevorstehenden Weltcup-Spiele vorzubereiten. Für die Pfungstädter war dies die erste Ballberührung im Freien nach der langen Hallenrunde in Deutschland. Erster Gegner C.Concordia wurde nach anfänglichen Schwierigkeiten 37:34 bezwungen. Im zweiten Spiel gegen G.E. Olympico hatten sich die Modaustädter gefangen und siegten klar mit 46:23. Ebenso sicher wie im Spiel zuvor wurde Du Que De Caxtas mit 48:21 niedergerungen und Pfungstadt stand als Turniersieger fest.

 Am nächsten Tag setzten die Pfungstädter ihre Reise fort zu den weltbekannten Wasserfällen von Iguassu. Nach zweitägigem Aufenthalt ging es am 5. April weiter nach Porto Alegre im Staat Rio Grande do Sul. Dieser südlichste brasilianische Bundesstaat ist flächenmäßig fast so groß wie die Bundesrepublik. Ein Fernsehteam, Vertreter des Sports, sowie das Organisationskomitees und Mitglieder der Faustballmannschaft von Novo Hamburgo empfingen die deutsche Delegation.

 Mit dem PKW ging es wieder nach Novo Hamburgo, einer Stadt mit fast 100 000 Einwohnern, die etwa 40 Km nördlich von Porto Alegre liegt. Hier verbrachten die Pfungstädter die nächste Zeit. Schon am ersten Tag lernten sie das Festessen der Südbrasilianer kennen, Churrasko, gegrilltes Rind – und Schweinefleisch, dazu Würstchen und Geflügel. Die verbleibenden zwei Tage bis zum großen Spiel nutzten die Pfungstädter mit eifrigem Training.

 Schließlich war es dann soweit, das erste Spiel um den World-Cup wurde vor mehreren tausend begeisterten Zuschauern unter Leitung des hervorragenden brasilianischen Schiedsrichters Adao Gomes dos Santos angepfiffen. Die Brasilianer erwischten zwar den besseren Start, aber Pfungstadt konnte nach einigen Minuten selbst die Führung übernehmen. Von nun an entwickelte sich ein wahrer Faustballkrimi. Bewundernswerter Einsatz der Spieler auf beiden Seiten prägte das Spiel, bei dem die Gelbhemden immer eine Nasespitze voraus hatten. Mit durchaus südländischer Begeisterung stachelten die Zuschauer ihre Mannschaften an. Die Pfungstädter wurden von Seiten einer deutschen Reisegruppe ebenfalls mit wahren Beifallsstürmen bedacht, die auf ihre Südamerikareise in Novo Hamburgo Halt machten, um diese interessanten Spiele zu erleben. Am Ende lautete das Ergebnis 29:28 für die Modaustädter. Gewiss kein beruhigende Ausgangsposition für das Rückspiel am folgenden Tag.

 Schon früh hatten sich die Zuschauer auf dem Sportgelände eingefunden. Eigens für dieses Rückspiel hatte man eine Sambakapelle postiert; das Ziel, die Pfungstädter aus dem Spielrhytmus zu bringen, scheiterte jedoch an den ausgezeichneten Nerven des Pfungstädter Teams. Gleich zu Anfang glückten den Hessen einige Asse zum 7-Punkte-Vorsprung. Die Schlachtenbummler Gruppe aus Deutschland hatte kurzerhand ihren Reiseplan umgestoßen, es ging zurück nach Novo Hamburgo mit Trommeln, Eimern und Stein gefüllten Blechdosen. Die Pfungstädter bewiesen wieder einmal ihre Begeisterungsfähigkeit und sorgten für mehr Geräuschkulisse  als die über 2000 ortsansässigen Zuschauer. Mit sechs Bällen waren die Pfungstädter bei Halbzeit in Führung. Man fühlte sich bereits zu sicher und ließ die Partie etwas schleifen. Prompt kam die Quittung; Die Brasilianer holten Ball um Ball auf und schafften fünf Minuten vor Schluss gar den Ausgleich. Jetzt tobte das Publikum.

 Auch in dieser so entscheidenden Phase reagierten die Pfungstädter eiskalt. Wie ein Ruck ging es durch die Mannschaft, alles wurde auf eine Karte gesetzt und schließlich wurde dieser Einsatz mit einem 31:27 Endergebnis belohnt. Überglücklich fielen sich die Spieler um den Hals, schließlich hatte man nun als beste Vereinsmannschaft der Welt alles erreicht, was es im Faustball für Vereinsmannschaften zu erreichen gibt.

 Nach einer feuchtfröhlichen Nacht flog das TSV – Team am nächsten Tag nach Buenos Aires. Der Tag wurde zu einem Einkaufsbummel genutzt. Weiter ging es dann nach Rosario, wo man einem kleinen Turnier beiwohnen wollte. Pfungstadt hatte keine Mühe die angesetzten Spiele für sich zu entscheiden.

 Von Rosario ging es dann zurück nach Rio de Janeiro. Der Strand von Copacabana, der Corcovado mit der Christusfigur, der Gipfel des Santa Theresea und das riesige Maracana-Stadion waren einige Ziele in dieser Stadt.

 Zum letzten Abstecher ihrer Reise führte der Weg nach Salvador da Bahia. Herrliche kilometerlange Sandstrände und eine Stadt voller Gegensätze boten sich den Augen. Bei brühender Hitze tummelte man sich noch zwei Tage am Strand ehe die Heimreise angetreten wurde. Mit einer einstündigen Verspätung trafen die Weltcup – Gewinner auf dem Frankfurter Rhein – Main ein. Die Heimkehrer waren völlig verdutzt über den riesigen Empfang, den man ihnen zu Ehren arrangiert hatte. Der Empfang im Pfungstädter Rathaus, der Festwagen der Pfungstadt Brauerei und die Fahrt in der Kutsche, um nur einige Beispiele zu nennen, ging über das Fassungsvermögen der Sportler. Ein ganz besonderer Dank geht an den ersten Vorsitzenden des TSV, Karl Herman Rohmig, der in hervorragender Organisation dieses beispielhafte Bild schuf. Ein großer Empfang im TSV-Sportheim rundete die ganze Sache ab, ehe man sich noch erschöpft von der langen Reise auf den Nachhauseweg begab.

Neuzeit

Nach einer Krise und dem Abstieg bis zur Landesliga nimmt der TSV Pfungstadt seit 2003 wieder am Bundesligageschehen teil. Nach Formierung einer jungen Mannschaft durch Dieter Thomas, die immer besser ins Spiel kam, erreichte diese im letzten Jahr 2009 den Aufstieg in die Feld-Bundesliga und in diesem Jahr 2010 bei einem furiosen Spieltag den Aufstieg in die Hallen-Bundesliga. Die jungen Spieler dieser Mannschaft erreichten schon in der B – Jugend 2008 den Deutschen Titel, sowie den 3. Platz bei der A-Jugend. Weiterhin konnten schon Jugendspieler des TSV zu Weltmeister- und Europameisterehren kommen so dass die Geschichte weiter geschrieben werden kann. Rechtzeitig zum Jubiläum 110 Jahre Faustball in Pfungstadt gelang dem jungen TSV - Team den Deutschen Meistertitel im Faustball nach Pfungstadt zu holen. Nach großem Kampf siegte das TSV - Team mit 3:1 in Delmenhorst gegen VFK Berlin.